Für die Jüdische Gemeinde war ich am 29.07.2021 eingeladen, mit einem Grußwort in den Themenabend: „Zwischen Zwangsenteignung und Rückerstattung – Menschlichkeit und Hilfen in dunkelster Zeit des Nationalsozialismus am Beispiel der jüdischen Familie Hugo Hertz aus Münster“ einzuführen.
Die Geschichte Hugo Hertz beruht auf der historischen Auswertung des 2019 ins Stadtarchiv gelangten schriftlichen Nachlasses von Franz Branse.
Er war seit 1922 Prokurist in der Firma des jüdischen Kaufmanns Hugo Hertz. Als Vermögens- und Nachlassverwalter kümmerte er sich jahrzehntelang darum, die Ansprüche der Familie Hugo Hertz auf Entschädigung durchzusetzen.
Hugo Hertz war erfolgreicher Pferdehändler in Münster. Als er Grundstücke und Wertpapiere verkaufte, ohne die Erlaubnis hierfür bei den nationalsozialistischen Behörden in Münster eingeholt zu haben, sollte er von den Nazis verhört werden.
Aus Angst vor weiteren antisemitischen Repressalien nahm er sich 24. Juni 1937 das Leben.
Etliche seiner Grundstücke, u.a. die Villa Hertz in Münster, wurden weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis verkauft, arisiert!
Aus dem Verkauf der Grundstücke konnte Franz Branse sodann die Flucht der Ehefrau Rosa Hertz mit den vier Kindern Lotte, Erna, Harry und Arthur zunächst nach Amsterdam
und dann in die USA organisieren und finanzieren. Die Geschichte der Familie Hugo Hertz sowie die Schikanen, welche die Familie durch die Nationalsozialisten ausgesetzt war, zeigt enge Parallelen zu Marga Spiegel und ihrer Familie.
Sie war auch Jüdin, mit dem westfälischen Pferdehändler Siegmund Spiegel verheiratet und durch beherzte westfälische Bauern vor der Deportation gerettet.
Beiden authentischen Erzählungen sind eines gemeinsam:
Sie sind bewegende Beispiele von Zivilcourage, von Mut und Empathie in dunkelster Zeit.
Sie gab sie also, die Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit – doch viel zu wenig!