Persönliche Stellungnahme zum BGH – Urteil vom 14. Juni 2022 – VI ZR 172/20
Um das Wichtigste gleich vorwegzusagen: Ich finde das BGH – Urteil entschieden zu kurz gegriffen. Dass die antijüdische Schmäh-Skulptur „Judensau“ nicht -wie vielfach gefordert – einfach entfernt wird, ist nachvollziehbar. Sie gehört zum 2.000 Jahre währenden Antisemitismus beider christlicher Kirchen, die nicht geändert werden kann, indem Skulpturen, die noch Zeugnis ablegen von einem irregeleiteten, groben christlich-kirchlichen Antijudaismus, überpinselt oder demontiert werden. Eine solche Praxis würde, wie es der Präsident des Zentralrates der Juden betont, Zitat: „(…) die weiterbestehenden Phänomene des Antisemitismus verkennen.“ Ende des Zitats.
Auch der BGH mag dies bei seiner Begründung so als gegeben angesehen haben.
Dennoch geht auch mir das Urteil des BGH nicht weit genug.
Begründung:
Den Medien entnehme ich, dass weder die in den Boden eingelassene Platte noch die erläuternde Texttafel eine klare Verurteilung der judenfeindlichen Bilddarstellung der Kirchen beinhaltet. Insofern fehlt m.E. die Aufforderung des BGH,
a) Dass beide Kirchen sich auch im Rahmen des christlich jüdischen Dialogs mit ihrem schwierigen Erbe, mit ihrer Schuld und des über Jahrtausende verbreiteten Antijudaismus …
(der eine der drei Wurzeln ist, die nach Auschwitz führte) weiter auseinandersetzen solle;
b) sodass danach schlussfolgernd die Erkenntnis stehen könne,
c) dass eine Zurschaustellung von nationalsozialistischen und antisemitischen Darstellungen auch im kirchlichen Raum, wo Nächstenliebe gepredigt, aber Juden verunglimpft werden, was nicht zuletzt auch dem Geist der Erklärung von “Nostra aetate” (1965) widersprechen dürfte, nichts zu suchen habe und aus dem Kirchenraum an einen musealen Ort des Lernens übergeben werden könnte, und zwar
begleitet von einem pädagogischen Bild- und Text-Konzept, geeignet insbesondere auch für die Bildungsarbeit an Schulen und Fortbildungseinrichtungen aller Art.
Ich hätte ebenso begrüße, würde das BGH – Urteil darauf eingegangen sein, dass 72 Jahre nach Auschwitz Schluss damit sein müsse, dass Juden sich von solch existierenden Schmäh-Reliefs -ob in Wittenberg, Brandenburg, Köln, Nürnberg, u.a.m.- an die schlimmste Zeit des durch den Nationalsozialismus verursachten Zivilisationsbruch erinnert und zutiefst verletzt fühlen.
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster fordert zu Recht: „Die Diffamierung von Juden durch die Kirchen muss ein für alle Mal der Vergangenheit angehören“.
Dem ist m.E. nichts hinzuzufügen.
Sharon F.