Es war das Schülerparlament der Marienschule, das sich einen kleinen Einblick in den Glauben unterschiedlicher Religionen an einem Schulvormittag wünschte.
Gestern war es dann so weit: Ich durfte in Vertretung unserer Jüdischen Gemeinde Münster am “interreligiösen Religionstag” der Marienschule in Senden teilnehmen.
Zunächst wurden wir als Vertreter verschiedener Religionen zu einem Vorgespräch nach Senden herzlich eingeladen, bei dem uns u.a. auch die Fragen des Schülerparlaments vorgestellt wurden.
Der Religionstag fand nun gestern von 08:15 Uhr bis 13:00 Uhr statt. Vertreten waren die evangelische, die katholische und die russisch-orthodoxe Religion, die Jeziden, die Mennoniten und mit mir das Judentum.
Jede/r Religionsvertreter/in bekam ein eigenes Klassenzimmer. Ich hatte im Vorgespräch die Aula der Schule gewählt, da dort ein Beamer zur Verfügung steht.
Mir war bewusst, dass wenn eine effiziente Wissensvermittlung über die Grundlagen unserer jüdischen Religion an Schulen außerhalb unserer Synagoge
gelingen soll, der Einsatz meines Laptops mit Schul-Beamer unverzichtbar sein würde.
So würde die Wissensvermittlung anschaulicher und verständlicher gestaltet, das Lernen nachhaltiger unterstützt und die jungen Schüler/innen für sog. “Fremdreligionen” und u.a. auch für das Judentum
schon früh sensibilisiert werden.
Letzteres ist meines Erachtens auch eine wichtige Strategie, um Rassismus und Antisemitismus präventiv zu bekämpfen bzw. an Grundschulen erst gar nicht entstehen zu lassen
(Stichwort Bildungsarbeit an Schulen).
Der Unterricht begann um 08:15 Uhr. Die Fragen der Schüler, meinen Namen und meine Religion hatte ich bereits auf die große Leinwand vorab projiziert: 1.) Was glaubst du / 2.) Wie betet man? / 3.) Gibt es bestimmte Gebete? /4.) Welche Schriften gibt es? / 5.) Wie sieht eure Gebetsstätte aus? / 6.) Wo gibt es diese Religion überall?
Die Schüler/innen waren zu Gruppen von ca. 7 bis 10 Teilnehmer/innen aufgeteilt, die dann nach knapp 15 Minuten Einführung in die jeweilige Religion die Räume wechselten, damit jede/r Schüler/in auch die andere Religion kennenlernen konnte.
Manche der größeren Schüler/innen brachten ein wenig Vorwissen. Dies wurde deutlich, als wir beispielsweise über den Auszug aus Ägypten sprachen.
So war ihnen der Name Moses, der Begriff der Sklavenarbeit und, wie ein Schüler es ausdrückte “die Teilung des großen Meers” bekannt.
Auch wenn die “Unterrichtszeit” für jede einzelne Gruppe knapp bemessen war, so war der interreligiöse Religionstag für die meisten Schüler/innen eine spannende und neue Erfahrung, über die eigene Religion hinaus Vertreter/innen anderer Religionen begegnen, ihnen zuhören und rituelle Gegenstände aus aller Nähe betrachten und auch (!) anfassen zu können.
Ich erlebte an diesem Tag junge, sehr junge Schüler/innen, die hoch motiviert waren, an der Wissensvermittlung aktiv teilzunehmen und sich durch eine enorm hohe Lernbereitschaft auszeichneten. Einigen Schüler/innen stand die Bereitschaft, sich auf eine interreligioöse Entdeckungsreise begeben zu wollen, ins Gesicht geschrieben.
Im anschließenden gemütlichen Auswertungsgespräch sprachen sich alle Religionsvertreter/innen dafür aus:
A) den interreligiösen Tag an der Marienschule auch im nächsten Jahr fortzusetzen;
B) die zur Verfügung stehende Zeit der Wissensvermittlung deutlich zu erweitern;
C) dass die Schulleitung Lob und Anerkennung dafür verdiene, für einen Religionstag überhaupt Zeit und Raum zur Verfügung zu stellen, zumal der unschätzbare Wert einer solchen schulischen Initiative auf der Hand läge.
Wie alle konnten uns ein Bild davon machen, wie engagiert die Marienschule in Senden interreligiöses Grundlagenwissen vermittelt und in konstruktiver Weise Sensibilität, Offenheit und Wertschätzung im Umgang mit religiöser und weltanschaulicher Vielfalt der Grundschüler bereits mit Eintritt in` s Schulalter fördert.
Persönlich möchte ich anmerken:
Die Marienschule in Senden verdient m.E. mit einer künftigen konzeptionellen, einer dauerhaften Festschreibung des “interreligiösen Religionstages” an ihrer Grundschule das Prädikat: „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Das Engagement der Marien-Grundschule in Senden zielt in beeindruckender Weise auf eine Schulkultur ohne Diskriminierung.