Ein Schritt mit bitterem Beigeschmack
Am Sonntag, um 12:15 Uhr Ortszeit (11:15 Uhr MEZ), tritt im Gazastreifen eine zunächst auf sechs Wochen begrenzte Waffenruhe in Kraft. Während dieser Zeit sollen erste israelische Geiseln freikommen – im Austausch gegen palästinensische Häftlinge. Nach mehr als 15 Monaten zäher Verhandlungen hat sich die islamistische Hamas auf diesen Deal mit Israels Regierung eingelassen.
Die Vereinbarung umfasst neben dem Schweigen der Waffen auch den Rückzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen. Besonders schmerzlich empfinden wir jedoch die ungleichen Bedingungen dieses Austausches: Für jede israelische Geisel sollen 30, und für jede Soldatin oder jeden Soldaten sogar 50 (!) palästinensische Häftlinge aus den Gefängnissen freikommen. Darunter Terroristen und Mörder mit Langzeitstrafen.
Die israelische Regierung ist bereit, zugunsten der Freilassung der Geiseln diese ungleichen Bedingungen zu akzeptieren. Dies verdeutlicht einmal mehr, wie schwer es ist, mit islamistischen Terroristen zu verhandeln, die keinerlei Achtung vor der menschlichen Würde haben und gezielt das Leid der Geiseln und der israelischen Gesellschaft für ihre antizionistischen Zwecke instrumentalisieren. Vollkommen unverständlich und empörend ist, dass unmittelbar nach Bekanntgabe dieses Deals in Berlin laute Rufe und Jubel über die sogenannten “Helden” des 7. Oktober erneut erschallten.
An jenem Tag verübte die Hamas ein beispielloses Massaker an unschuldigen Zivilisten. Solche Jubelfeiern für Mörder, mitten in der deutschen Hauptstadt, sind nicht nur ein Affront gegenüber den Opfern und deren Angehörigen, sondern eine Schande für die demokratische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland.
Besonders besorgniserregend bleibt die Situation in einem Berliner Bezirk, vor dem der Senat aktuell warnt, sich dort nicht offen als Jude zu outen. Dieser Zustand ist, 80 Jahre nach der Shoah, inakzeptabel und ruft uns alle dazu auf, gegen jede Form von Antisemitismus entschieden vorzugehen.
Wir hoffen, dass das vereinbarte Schweigen der Waffen halten möge und somit ein wichtiger Schritt in die Richtung ist, dass alle Geiseln zu ihren Familien zurückkehren können.
Sharon Fehr, Vorstandsmitglied des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe K.d.ö.R.
Foto: Archiv des Magazins J.E.W.